Verena Issel: FITNESS Kraft & Schönheit

Verena Issel: FITNESS Kraft & Schönheit

Verena Issel: FITNESS Kraft & Schönheit

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren, gemeinsam mit der Künstlerin Verena Issel möchten wir Sie sehr herzlich zum Besuch unserer nächsten Ausstellung „FITNESS! Kraft & Schönheit“ einladen. Die Ausstellung wird ab dem 20. September im KVJ zu sehen sein.

Verena Issel schafft Rauminstallationen, Skulpturen, Filme, Zeichnungen, Collagen und Wandobjekte. Die Künstlerin lässt mitunter sonderbar, possierlich, gefährlich oder humorvoll anmutende, raumgreifende Szenarien entstehen, deren gesellschaftspolitische Bezüge auf den zweiten Blick eine eindringliche Ernsthaftigkeit entfalten können. Die Inhalte von Verena Issels Arbeiten variieren, versammeln sich aber stets im Umfeld relevanter Gegenwartsdiskurse. Ihre Themen, ebenso wie Gestalt und Material ihrer Rauminstallationen, reagieren präzise auf das jeweilige Ausstellungsumfeld. 

In ihrer Ausstellung im Kunstverein Jesteburg widmet sich Verena Issel den Möglichkeiten von ideologischen Implementationen im Kontext von Selbstfindungs- und Selbstoptimierungs-Praktiken. Die Ausstellung erhält einen besonderen Ortsbezug, indem sie rezeptionstheoretische Fragestellungen im Kontext der benachbarten „Kunststätte Bossard“ kritisch mit einbezieht. Dies bildet sich auch im Ausstellungstitel ab – „Kraft und Schönheit*“ zitiert den Titel einer gleichnamigen, lebensreformerischen Zeitschrift.

Beschleunigung, Wachstum und Innovationsverdichtung gehören zu den grundlegenden, strukturbildenden Qualitäten unserer zeitgenössischen Gesellschaft westlicher Prägung. Als Mitglieder einer solchen Gesellschaft unterliegen wir alle systemimmanenten Imperativen, die von uns permanente Aktivität, Flexibilität und Selbstoptimierung sowie die stetige Anhäufung unseres Kapitals fordern – sei es ökonomisch, kulturell, sozial oder körperlich. Der in den 80er Jahren attestierte „Fahrstuhleffekt“ kann im Neoliberalismus immer seltener beobachtet werden, ist vielgestaltigen „slippery slopes“, dem alltäglich Wettbewerb gewichen. Um die Position, die wir erreicht haben zu halten, müssen wir uns heute fortwährend verbessern, noch innovativer und kreativer sein, stets beweglich und agil bleiben.

Als Reaktion darauf haben Begriffe wie Entschleunigung, Resilienz und Gelassenheit gemeinsam mit Yoga- und Achtsamkeits-Kursen Hochkonjunktur. Auch die Esoterik-Industrie verdankt ihre Erfolge der beschriebenen Situation.

Hinter den angebotenen Konzepten steht nicht selten eine Sehnsucht nach einer anderen Form des „In-der-Welt-Seins“. Dabei werden allerdings auch unterschiedliche Glaubenssätze produziert wie: Wenn es Dir gelingt, die richtige Haltung einzunehmen, kann dir die Welt nichts mehr anhaben.

Gerade weil viele solcher Praktiken ein ‚besseres‘ Leben versprechen und uns helfen sollen, resilienter zu werden, fügen sie sich erstaunlich häufig allzu leicht in die Imperative der Optimierung ein und reproduzieren bzw. manifestieren – nur in einem achtsam-geschmeidigeren Gewand – die Anforderungen an die Individuen. Von der Vergangenheit bis heute lässt sich immer wieder beobachten, wie aus den guten Vorsätzen auch ein gefährliches, ideologisches Potenzial erwachsen kann – wie es zu einer Vermischung von esoterischer Lebenshilfe und Verschwörungstheorien, von hippieskem und rechtsnationalem Gedankengut kommen kann. 

Diesen Dynamiken spürt Verena Issel in ihrer Ausstellung auch im Kontext von Johann Michael Bossards Verbindung zur Lebensreformbewegung, seinen eigenen, ideologischen Ideen und insbesondere im Hinblick auf die in der Kunststätte aktuell vorherrschenden vermittlungstheoretischen Konzepte nach.

Verena Issel wurde 1982 geboren und studierte freie Kunst an der HfbK Hamburg sowie klassische Philologie an der Universität Hamburg. Zahlreiche Reisestipendien und Artist in Residency-Programme führten sie unter anderem nach Russland, Taiwan, Südkorea, Japan, Litauen und Papua-Neuguinea. In den letzten Jahren widmeten ihr die Volksbühne Berlin (DE), das ZARYA Center for Contemporary Art (RU), die Trafo Kunsthall (NOR) sowie der Westfälische Kunstverein / LWL Museum Münster Einzelpräsentationen. 2020 war Verena Issel Gastprofessorin an der HfbK Hamburg.

 

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